Sonntag, 22. Juli 2012

Übung: motorisches Lernen

Stadien motorischen Lernens

Als ich den ersten Akkord in meinen Fingern hatte, brauchte ich einige Versuche. Mit etwas Geduld und Wiederholung wurde mein Griff immer besser. Ich nahm den nächsten Griff. Es gelang nach einigen Versuchen. Schließlich verband ich beide Griffe und wechselte die Positionen.  - Ein wenig überraschend ist die Erfahrung die eigenen Finger neue zu erleben. -  Erst spielte ich diesen Akkord und dann den neuen Griff; wieder zurück und dann wieder von vorne. Besonders flink sahen die Finger nicht aus. Es brauchte noch einige Zeit und Übung.

Die eigene Aufmerksamkeit liegt bei den Fingern, auf den Fingerdruck, auf die Sichtbarkeit der Finger.
Die Gitarrenhaltung schwankt in solchen Augenblicken.

Wenn ich heute Schülern beim Lernen zu sehe, durchleben sie scheinbar ähnliche Episoden des Lernens. Sie haben mir erzählt, wie unterschiedlich ihre Fingerfertigkeit sich ausbildet. Manchmal können sie von einem Griff leichter umgreifen als von einem anderen. Häufig geht die Bewegung leichter vom Griff hinaus als in ihn  hinein. Eine Mischung aus bekannten und unbekannten Akkorden zeigt dies sehr deutlich.

Wie entwickelt sich nun der Prozess des sicheren Umgangs mit den Griffen?
Nach Paul Fitts gibt es drei Stadien motorischen Lernens:

  1. kognitiv
  2. assoziativ
  3. autonom
zu 1)
Alle Bewegung gelingen sehr langsam und wirken sehr unsicher. Sie sind häufig fehlerhaft. Die Konzentration richtet sich nur auf die Realisierung der richtigen Bewegung

zu 2)
Es zeigt sich nach einiger Zeit, dass die Bewegungen teilweise gelingen. Jedoch sind sie noch nicht dauerhaft verfestigt.

zu 3)
Die Bewegungen gelingen ohne Aufwand und angestrengte Aufmerksamkeit. Erst jetzt sind die erlernten  Bewegungen automatische Abläufe.

(siehe dazu: Gabriele Wulf, Aufmerksamkeit und motorisches Lernen, 2009)

Jeder Akkordwechsel ist eine Bewegung, jede Bewegung ist eine mit den Fingern. Die Fingergeschicklichkeit ist eine wichtige Übungsaufgabe. Akkordwechsel auswendig zu lernen, hilft häufig dem Spieler, die Bewegung sicher zu realisieren.

Bei einem Lied ist stets zuerst für sich allein, der Bewegungsablauf einer Akkordgruppe zu üben. Wird die Bewegung sicher beherrscht, gelingt die Liedbegleitung bedeutend besser.