Mittwoch, 7. August 2013

Mathe und Musik

Immer noch gilt, soweit es mich betrifft, dass Musik eine Geschmacksache sei. Ich denke diese Auffassung ist o.k.. Ich füge hinzu:  Der Geschmack ist auch eine Frage der Einstellung und Erfahrung zur Musik. Ich glaube, wir nehmen wahr, was wir uns vorstellen. Irgendwie verfügen wir stets über eine Meinung über Musik. Unsere Vorstellungen stammen aus dem Leben, das wir führen. Dabei kommt zum Vorschein, was wir über Musik denken und was wir glauben, was im Grunde Musik bedeutet.

Was stellen wir uns vor, wenn wir über die Beziehung zwischen Mathe und Musik nachdenken? Ich mache einen gedanklichen Spaziergang.

Häufig werden Musikformen mit der Architektur verglichen - jedenfalls unsere Reden über Musik leiht sich von dort Wörter, die jetzt angewandt auf die Musik zur Metapher werden. Wir nutzen die Verben "bauen" und "konstruieren". Vielleicht ist auch die Redeweise vertraut, dass ein Komponist mit Tönen malt, weswegen wir so reden als hörten wie Farben, Die musikalischen Werke eines Künstlers erklingen wie Poesie, obgleich niemand spricht.
Mein ehemaliger Musiklehrer - lange, lange ist es her - sprach gern, wenn er eine Bach Fuge besprach und spielte,  über die Verwandtschaft zum Schach. Denkbar, dass es so etwas gibt, wie eine musikalische Logik. Aber mit Wahrheitswerten hat die Musik nichts gemein. Obleich die  Fuge sicherlich ein wunderliches Ding kontrapunktischer Fähigkeiten sein mag, und ich diese Kunst bewundere,  mit Schach und Logik hat es kaum eine enge Verwandtschaft.

Eine Liste vielfältiger Vorstellungen über und zur  Musik  kann sicherlich noch länger werden. Ich jedoch möchte mich auf ein Thema beschränken. Es heißt:

                                          Mathe und Musik - Ein Missverständnis? 


Natürlich ist diese Vorstellung über Musik bekannt. Und es ist sicherlich nicht schwer Argumente zu finden, die dafür sprechen.Ich denke an Tonfrequenzen und Intervalle. Zugleich folgt ihr unausweichlich die leise Selbstüberzeugung: Ich war noch nie gut in Mathe! Oder aber: Ich war immer gut in Mathe, aber  meinen Klavierlehrer mochte ich nie und das viele üben war ich leid. usw. usw.. Oder auch: Ich war gut in Mathe, spielte damals in einer Band Gitarre und bin heute von Beruf XYZ.

Ich schreibe als Musiker und nicht als Mathematiker über dieses Thema. Mein Gedanke ist, meine Position klar zu stellen, dass die Musik viele Facette besitzt. Aber Musik hat so wie ich es verstehen möchte nichts mit Mathematik und Physik gemein.

Die Musik ist ein akustisches Phänomen. Dies kann die Eigenschaften eins Raumes, auch eines Instrumentes und auch den einzelnen Ton meinen. Ich denke an die Konstruktion eines Konzertsaals, indem Musik aufgrund von Berechnungen klar und deutlich im Raum verteilt wunderschönen erklingt. Ich denke an den Bau eines Instruments wie z. B. einer Gitarre: die Bundeinteilung auf dem Griffbrett ist reine Physik. Ich denke an Verstärker bei einer E-Gitarre. Ich denke auch an die Bauweise von Gitarrensaiten und von Tonabnehmer bei E-Gitarren.

Ich kann nicht sagen, dass ein akustischer idealer Konzertsaal ein Nachteil ist. Musik kann nur in einem Raum erklingen. Signale vom Pickup der E-Gitarre zum Verstärker sind Physik. Die Aufnahmetechnik in einem Tonstudio ist mit Mathematik verbunden. So sehr man bei alle dem glauben mag im innersten der Musik zu sein, wird verwundert zur Kenntnis nehmen,  wir sind von dem eigentlichen Phänomen Musik weit entfernt.

Das primäre Ziel ist der Notentext. Seine Grammatik und sein Klangbild sind es, was unser Interesse an der Musik bildet. Wie kommt es, dass Töne zusammenklingen und sich zu einen Stück Musik bilden? Wieso wechseln das Zusammenklingen von Jahrhundert zu Jahrhundert? Jedes Jahrhundert hat seine eigene unverwechselbare Musik hervorgebracht.

Antwort:
Wenn Mathe und Physik die alleinigen Grundlagen der Musik ausmachen, dann gibt es entweder nur eine einzige Musik und das seit Jahrhunderten oder aber die "Gesetze" der Physik und Mathematik haben sich in Sachen Musik mehrmals geändert, um zu erklären, warum Musik so unterschiedlich klingen kann. Die Annahme Musik ruhe auf Mathematik unterstellt, dass bereits die Komponisten vor 800 Jahren die mathematischen Grundlagen der Akustik kannten und Schall und Frequenzen berechnen konnten. Allerdings gibt es in den Kontrapunkttraktate des ausgehenden Mittelalters keine Hinweise dafür.

Im Scherz:
In den alten Handwerksbetrieben für Geigen, Gitarren, Lauten, Gamben, Theorben und Cembalos verfügten bereits die alten Meister über die notwendigen und entsprechend richtigen  Messgeräte für Schall, Luftschwingungen, Frequenzen und Audiosignalen, um Fehlkonstruktionen schon Vorfeld zu erkennen.

Harmonielehre mag nicht jeder. Doch Physik und Mathe haben mit musikalischen Regeln der Akkordlehre, Satzlehre, Stimmführung und Kompositionstechniken nichts gemeinsam.
Viele musikalische Formen haben ihren ihren Ursprung im Tanz. Mathematik und musikalische Formlehre haben sich kaum gegenseitig beeinflusst.